ALLGEMEINE ZEITUNG (RMV): „Eagles Reloaded“ bringt das kalifornische Lebensgefühl ins Alte E-Werk
11. Mai 2015Von Julian Peters
Nierstein – Als die ersten einleitenden Gitarrentöne zu vernehmen sind, brandet Szenenapplaus auf im Alten E-Werk und die Boxen spucken zur Feier des Stücks noch ein paar Dezibel mehr. Die „Eagles“ sind Kult, ebenso wie ihr 1976 aus Noten und Text errichtetes „Hotel California“, das sich eigentlich kritisch mit dem „American Dream“ auseinandersetzen soll, aber dennoch herrlich pathetisch klingt: Nach Sonnenschein und der Weite der amerikanischen Westküste. Auch wenn die Original-Eagles in der jüngeren Vergangenheit eher wenig von sich vernehmen ließen, zieht die hauptsächlich in den Siebzigern verwurzelte „Adler“-Begeisterung auch heute noch Publikum im gar nicht mal geringen Umfang an. Ein Phänomen, das im Musik- und Kulturclub der von Inhaber Peter Zeiß ausgerufenen „Rock City“ Nierstein beobachtet werden konnte, wo die Cover-Formation „Eagles Reloaded“ für einen lockeren Konzertabend zwischen Classic- und Country-Rock gastierte. Mit gleich sieben Musikern war die Tribute-Band aus Darmstadt auf die Bühne geklettert, was für durchaus beengte Verhältnisse auf der Auftrittsplattform sorgte – zwischen herumstehenden Verstärkern, Instrumenten und Mikrofonständern blieb den einzelnen Akteuren eher wenig Bewegungsspielraum. Ein großer Aktionsradius als Ventil für überschäumende, krachige Spielfreude war zunächst auch gar nicht vonnöten, da die Stücke gerade in der ersten Konzerthälfte eher den Charme entspannter Country-Gemütlichkeit verströmten, der sich ganz lässig ohne größere Tanz-, Hüpf- und Laufeinlagen zelebrieren lässt. „Peaceful Easy Feeling“ aus der guten alten „Flower Power“-Zeit oder „New Kid in Town“ waren die Stücke, zu denen im Publikum geschmeidig mitgewippt und an Biergläsern genippt wurde.
Nach der Pause wurde es dann schon dynamischer: Mit einem „Are you ready for some rock music?“ und einem vielstimmigen „Yeah!“ als Antwort erschlossen die Eagles-Doubles das Feld des Classic Rock auf breiter Front. Speziell der Einsatz von Gitarren, akustisch wie elektrisch, und gleich fünf Singstimmen zeichneten die „Reloaded“-Mannschaft aus Südhessen aus, wobei speziell Frontmann Uwe Faust für seine Saxofon-Solos und Schlagzeuger Ralf Ewald mit konsequent im Hochtonbereich gehaltenen Gesangseinlagen beeindruckten Beifall ernteten. Während sich die Intensität der Tanzeinlagen im Zuschauerbereich nun stetig steigerte, transportierten die Songs über Sommer und Sonnenuntergänge das Lebensgefühl der kalifornischen Eagles-Heimat, den Traum von Sonne, Freiheit und dem Pazifik irgendwo am Horizont. Die Eagles, das ist und bleibt Musik für die Hoch- und Schönwetterphasen des Lebens, weniger für Hörer, die in Zeiten von stimmungstechnischen Tiefs Trost im Tiefsinn suchen. Doch letztendlich braucht es das vielleicht auch gar nicht, wird bei der Musik aus Los Angeles doch schlechter Laune konsequent mit guter Stimmung begegnet. Entspannte zweieinhalb Stunden erlebte so auch das Alte E-Werk, wo „Take it Easy“ nicht nur der Titel des letzten Stücks, sondern auch die perfekte Zusammenfassung des gesamten Abends war.